Sind wir zu bedingungsloser Liebe fähig?

 

 

 

Du fühlst dich einsam, weil du das Bedürfnis hast, geliebt zu werden. Lerne lieben, ohne etwas zu verlangen, lieben um der Freude des Liebens willen (der wunderbarsten Freude der Welt), und du wirst dich nie mehr einsam fühlen. 

 

Selbstliebe ist das große Hindernis. 

Göttliche Liebe ist das große Heilmittel. 

 

Die Mutter

Menschliche Liebe

"LIEBE IST DIE STÄRKSTE MACHT IM UNIVERSUM" - Darüber sind sich sehr viele Menschen einig. Dieser Satz wird wie kein anderer auf dem Jahrmarkt der "esoterischen Szene" herumgereicht und als Empfehlung ausgesprochen. Er soll gegen alle Unbill und alles Böse in der Welt helfen. Oft verbunden mit dem Tipp, erst einmal zu lernen, sich selbst zu lieben, weil man dann erst andere lieben könne. 

Die Frage ist jedoch:  Kann man diese Liebe und ihre Macht wie ein Rezept nach Anleitung nutzen und anwenden? 

 

Was wir Menschen unter der Liebe verstehen ist nicht jene göttliche Liebe, die zugleich die stärkste Macht im Universum ist und die Geschicke lenken kann. Es ist oft nicht einmal ein lauer Abklatsch davon. 

Wird man zu Beginn eines spirituellen Pfads mit sogenannten Gipfel- oder Gotteserfahrungen beschenkt, erhascht man einen Einblick in jene glückselige Liebe, die einen vollkommen einhüllt, durchdringt und nicht selten Tränen in die Augen treibt. Unsere gedankliche und vitale Unrast kommt zum Stillstand … nichts fehlt … man verharrt ... und trinkt … sich selbst genügend.

Meist erhebt sich kurze Zeit später gemäß der untransformierten menschlichen Natur der Wunsch, dieser Augenblick möge nie mehr enden. Und sofort schiebt sich das laute Mental wieder in den Vordergrund und analysiert, bedauert und erklärt. Manchmal hat man auch eine entsprechend hohe "Dosis" abbekommen, dass sich für ein paar Tage der Alltag nur noch schwer bewältigen lässt. Man versinkt in diesem glückseligen Zustand und lässt sich treiben. 

 

Man kann diese Liebe nicht gedanklich oder willentlich herbeiführen, sie und ihre Macht gar "nutzen" oder "anwenden" – sie geschieht: Wenn das Göttliche Bewusstsein entscheidet, dass die Zeit reif dafür ist. Es sind Berührungen der göttlichen Gnade. Es ist nichts, was einem persönlich gehört, es "war nur eine Woge aus dem grenzenlosen Meer der universalen Liebe." 

Diese Erfahrungen sind ein Vorgeschmack auf das, was uns in der Regel erst am Ende der spirituellen Verwirklichung erwartet und damit seine volle Macht entfaltet. Erst dann ist dieser liebende Zustand permanent und wird nicht mehr überdeckt von unseren Wünschen, Begierden, Glaubensmustern und Erwartungen. Seien sie auch noch so subtil und unbewusst.

 

Sri Aurobindo und Mutter über die menschliche Liebe

"Alle Bewegungen sind im großen und ganzen Bewegungen der kosmischen Kräfte der Natur – sie sind Bewegungen der universalen Natur. Das Einzelwesen empfängt einen Teil davon, eine Woge oder den Druck einer kosmischen Kraft, und wird von ihm angetrieben; es hält diese für etwas Eigenes, das gesondert in ihm erzeugt wurde; das aber ist nicht der Fall; es ist Teil einer allgemeinen Bewegung, die auf die genau gleiche Weise auch in anderen wirkt.

Die Sex-Triebkraft zum Beispiel ist eine Bewegung der allgemeinen Natur, die ihr Spiel sucht und diesen und jenen dafür gebraucht – ein Mann, der vital oder physisch in eine Frau verliebt ist, wie man das so bezeichnet, wiederholt und befriedigt nur die Weltbewegung des Sex; wenn nicht bei dieser Frau, dann bei anderen; er ist nichts anderes als ein Instrument im Mechanismus der Natur, und es ist keine unabhängige Bewegung [die in ihm wirkt].

Genauso ist es mit Ärger und anderen Triebkräften der Natur." 

 

Sri Aurobindo

 

 

"Zwangsläufig besteht eine wie auch immer geartete Liebe zwischen zwei Menschen immer aus Unwissenheit, Unverständnis, Unvermögen und jenem schrecklichen Gefühl des Getrenntseins. Es ist, als wolle man in die Strahlung eines einzigartigen Glanzes treten und zöge als erstes einen Vorhang, zwei Vorhänge, drei Vorhänge zwischen sich und diesem Glanz zu, und man ist sehr erstaunt, dass man nur einen verschwommenen Eindruck bekommt und nicht die Sache selbst." 

 

Die Mutter

 

 

"Selbst die Liebe der Eltern für ihre Kinder ist wie alle menschliche Liebe vermischt mit allem möglichen: Das Bedürfnis zu besitzen, ein furchtbarer Egoismus. ... 

Selbst auf die Gefahr hin, nun in deinem Bewusstsein mit vielen Illusionen aufzuräumen, muss ich dir etwas über den Ursprung der Liebe sagen, die eine Mutter für ihr Kind empfindet. Sie entsteht, weil dieses Kind aus ihrer eigenen Substanz gemacht ist und weil die materielle Verbindung, die substanzielle Verbindung zwischen Mutter und Kind recht lange, relativ lange, äußerst eng ist – es ist, als wäre ein Stück Fleisch aus ihr herausgenommen und in einiger Entfernung getrennt niedergelegt worden –, und erst viel später wird die Bindung zwischen den beiden vollständig durchtrennt. Es ist so etwas wie ein Band, eine subtile Empfindung, so dass die Mutter genau spürt, was das Kind fühlt, als ob das Gefühl in ihr selbst wäre. Das ist die materielle Basis der mütterlichen Zuneigung für das Kind. Es ist eine Basis materieller Identität, nichts anderes.

Gefühl kommt viel später (es kann auch früher kommen, das liegt am einzelnen), aber ich spreche von der Mehrzahl der Menschen: Gefühl kommt erst lange nachher, und es ist bedingt. ...

Das ist die Grundlage. Das übrige stammt aus der Natur der Menschen, aus ihrem Entwicklungsstand, aus ihrem Bewusstsein, aus ihrer Erziehung und aus ihrer Empfindungsfähigkeit. Das gesellt sich noch dazu, und dann entstehen auch noch alle gesellschaftlichen Einflüsse, aus denen Romane entstehen – denn die Menschen sind glänzend in der Gestaltung von Romanen. Sie machen aus allem einen Roman. Sie haben ihr Mental dazu benutzt, um Imaginationen zu bilden, die in der Luft zirkulieren und die man so aufschnappt. Die einen erwischen also welche von der Sorte und die anderen von der anderen Sorte, und weil die Imagination eine Antriebskraft ist, beginnt man damit tätig zu werden, und schließlich lebt man einen Roman in seinem Leben, sofern man nur Einbildungskraft hat ... Das hat absolut nichts mit dem wahren Bewusstsein zu tun, mit dem seelischen Wesen überhaupt nichts ...

Abgesehen von der Fähigkeit, über das Thema [Mutterliebe] in blumiger Ausschmückung zu reden, die Liebe der höheren Tiere ..., nun, der Säugetiere für ihre Jungen, besitzt garantiert die gleiche Natur: die gleiche Aufopferung, die gleiche Selbstvergessenheit, die gleiche Selbstverleugnung, die gleiche Sorge für die Erziehung, die gleiche Geduld, die gleiche ...

Nach allem, was ich studiert habe, glaube ich wirklich, dass die Reinheit bei den Tieren vielleicht größer ist, weil sie nicht denken, während die Menschen mit ihrer mentalen Macht, ihrer Fähigkeit, nachzudenken, zu überlegen, zu argumentieren, zu analysieren, zu studieren, all das  – ach, sie verderben die schönste Regung. Sie fangen an, zu berechnen, zu urteilen, zu zweifeln, zu organisieren." 

 

Die Mutter

 

 

Wie findet man zur wahren Liebe?

Soll man nun jede Art der Liebe in uns zurückweisen? Das wäre Unsinn. Man kann sie auf eine andere Ebene heben, indem man versucht, den Ursprung des Gefühls in sich selbst zu finden. Im Grunde komme jede Regung aufrichtiger Liebe von Gott, ungeachtet der äußeren Form. Mit dem Lieben aufzuhören, weil man "falsch" liebt, würde das Herz austrocknen, sagte Sri Aurobindo.

In diesem Yoga durchlebt man Phasen des psychischen und physischen Schmerzen, die über einen hereinbrechen, während man sich liebend und offen wähnt. Vielleicht gerade dann, weil man in diesen Momenten besonders offen ist für das Wirken des supramentalen Bewusstseins bis hinein in die entlegendsten Winkel unseres Seins. Trotzdem empfindet man das zuweilen als Verrat: "Schau, ich war doch in der Liebe und jetzt das...!" Man ist verleitet, sein Herz zu verschließen, um diese Einbrüche besser zu ertragen. 

Es ist schwer zu verstehen, dass die alten Bewusstseinsformen in unserem gesamten System aufgebrochen werden, immer und immer wieder, um eine weitere, umfassendere und wahrere Liebeskraft aufnehmen zu können. Bis hin zu unserer vollkommenen Reinheit und Elastizität, die göttliche Liebe in ihrer ursprünglichen Form zu ertragen und ihrer Bewegung zu folgen. Denn es ist die Liebe, die alles im Universum bewegt.  

Der sicherste und schnellste Weg ist es, mit seinem seelischen Wesen in Fühlung zu kommen, bzw. diese immer wieder zu suchen, wenn man aus irgendeinem Grund in Mutlosigkeit, Schmerz oder Depression gestürzt wurde. 

 

 

Zuerst liebt man, wenn man geliebt wird.

Dann liebt man spontan, will jedoch wiedergeliebt werden. 

Später liebt man, auch wenn man nicht geliebt wird, doch liegt einem daran, dass die Liebe angenommen werde. 

Und schließlich liebt man rein und einfach, ohne ein anderes Bedürfnis und ohne eine andere Freude als nur zu lieben. 

 

Die Mutter

 

 

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Zuerst, wann immer ich in die Sünde zurückfiel, pflegte ich zu weinen und mir selbst und Gott zu zürnen, es zugelassen zu haben. 

Später wagte ich höchstens noch zu fragen: "Warum hast du mich wieder im Schmutz gewälzt, o mein Spielkamerad?"

Dann kam mir sogar das zu kühn und vermessen vor; ich konnte mich nur noch schweigend erheben, ihm einen Seitenblick zuwerfen – und mich säubern. 

 

Sr Aurobindo

 

 

Solange der Mensch auf seine Tugend stolz ist, wird ihn der höchste Herr in die Sünde fallen lassen, um ihm die Notwendigkeit der Demut beizubringen.

 

Die Mutter