Gefühle und Tugenden, die uns dem Göttlichen näherbringen

 

(Auf alle einzugehen, würde hier zu weit führen. Über die Liebe wurde schon geschrieben, `wahres´ Mitgefühl verdient, gerade in diesen Tagen, einen gesonderten Blogeintrag.)

 

Letztendlich weiß jeder Mensch, was Dankbarkeit, Mitgefühl oder Freude bedeuten. Doch wir tendieren eher dazu, uns in die negativen Emotionen fallen zu lassen. Ursache ist eine gewisse Schlaffheit, Trägheit und Bequemlichkeit und im schlimmsten Fall eine unbewusst gepflegte Grundhaltung. Es ist das Terrain des Egos. Positive Gefühle und Tugenden aufrechtzuerhalten, erfordert dagegen eine fortwährende Anstrengung und den Willen nach Fortschritt.
In unserer gewöhnlichen Verfassung tendieren wir dazu, alles Gute und Freudige als selbstverständlich hinzunehmen. Meist wird uns das erst bewusst, wenn wir es verlieren. Doch es liegt in unserer Hand, wie wir auf die Welt „da draußen“ und alles, was sie an Erfahrungen mit sich bringt, reagieren. Letztendlich ist es sogar so, dass unsere Grundhaltung wesentlichen Einfluss darauf nimmt, ob wir verstärkt leidvolle Erfahrungen in unser Leben ziehen oder nicht und wie schnell wir diese überwinden.

 

 

Dankbarkeit

 

Wenn unerwartet etwas „besonders“ Schönes in unserem Leben geschieht, empfinden wir Dankbarkeit. Sind wir auch jeden Tag dankbar dafür, dass wir gesund sind? Dass wir Freunde haben? Ein Zuhause? Nicht in einem Kriegsgebiet leben ... ?
Dankbarkeit ist ein Gefühl der Freude, das ein spontanes Aufwallen von Liebe zum Göttlichen auslösen kann. Gleichzeitig ist es eine Folge davon.
Die spontane Dankbarkeit ist „von allen Bewegungen diejenige, die vielleicht die meiste Freude bereitet – eine ungetrübte Freude, unbefleckt von diesem Egoismus. Sie ist etwas ganz Besonderes. Es ist keine Liebe, es ist keine Selbstaufopferung .... Es ist eine sehr VOLLE Freude. Sehr voll.
Es ist eine ganz besondere Schwingung, die mit nichts anderem als sich selbst vergleichbar ist. Es ist etwas, das dich ausweitet, das dich erfüllt – das so inbrünstig ist! Es ist sicherlich von allen Bewegungen, die in der Reichweite des menschlichen Bewusstseins liegen, diejenige, die dich am meisten aus deinem Ego herauszieht.
Und wenn es eine Dankbarkeit ohne Motiv sein kann, diese Schwingung (im Grunde die Schwingung dessen, was existiert, gegenüber der Ursache des Seins) ... dann verschwinden sehr viele Barrieren augenblicklich.

 


Ein eigenwilliger Mensch kann nicht dankbar sein – denn wenn er bekommt, was er will, schreibt er alles seinem eigenen Willen zu, und wenn er bekommt, was er nicht will, nimmt er es übel und schiebt die Schuld auf den, den er für verantwortlich hält, Gott, Mensch oder Natur.

                                        
Der Adel eines Wesens wird an seiner Fähigkeit zur Dankbarkeit gemessen.


Die Seele ist sich dessen bewusst, was ihr gegeben wird, und lebt in unendlicher Dankbarkeit.

 

Die Mutter

 

 

 

Großzügigkeit

 

Ich hielt eine dieser Blumen [Integrale Großzügigkeit] in der Hand, als ich Z. empfing, und ich erläuterte ihm, was ich unter "integrale Großzügigkeit" verstehe. Ich beschrieb ihm die Wirkung des Ego, die darin besteht, dass das Wesen zusammenschrumpft. Sie ist die Ursache des Alterns. Es trocknet einen aus, man schrumpft zusammen wie eine welke Blume. Ich erinnere mich, den Unterschied zwischen diesen beiden Zuständen einmal geschildert zu haben: Die Person, das individuelle, personenhafte Wesen, das sich an den Herrn wendet und ihn anfleht, Seinen Willen kundzutun, und dann diese Erfahrung – durch Ausweitung, Öffnung, Verschmelzung mit der Schöpfung – des zum Willen des Herrn Werdens, zum Höchsten Willen.

Die Mutter 

 

Die meisten Menschen verbinden damit materielle Gebefreudigkeit. Selbst diese ist nicht im Übermaß unter den Menschen verbreitet, und im Allgemeinen stimmt es, dass Menschen, die weniger besitzen oder eine Lebenserfahrung der Armut durchlaufen haben, großzügiger sind als Wohlhabende, die in ständiger Angst leben, alles was sie besitzen, wieder zu verlieren.
Doch die Großzügigkeit hat eine starke innere Grundhaltung, die sich auf wesentlich mehr erstreckt: Sie bedeutet, den Menschen wohlwollend zu begegnen, statt misstrauisch auf jeden vermeintlichen Makel oder Fehler zu achten. Es bedeutet, anderen Menschen Frieden und Wohlergehen zu gönnen und sich mit ihnen darüber freuen zu können, ohne den geringsten Stachel von Neid oder Missgunst. 

 


Wenn man sich zum Beispiel selbst beobachtet, sieht man, dass man eines Tages sehr großzügig ist. Nehmen wir dies, es ist leicht zu verstehen. Sehr großzügig: Großzügig in deinen Gefühlen, großzügig in deinen Empfindungen, großzügig in deinen Gedanken und sogar in materiellen Dingen; das heißt, du verstehst die Fehler der anderen, ihre Absichten, Schwächen, sogar böse Bewegungen. Ihr seht all das und seid voller guter Gefühle, voller Großzügigkeit. Du sagst dir: "Nun ... jeder tut sein Bestes!" – so. 


Die Führer müssen immer mit gutem Beispiel vorangehen, die Führer müssen immer die Tugenden praktizieren, die sie von denen verlangen, die ihnen anvertraut sind; sie müssen verständnisvoll, geduldig, ausdauernd, voller Sympathie und warmen und freundlichen Wohlwollens sein, nicht aus Egoismus, um Freunde für sich zu gewinnen, sondern aus Großzügigkeit, um andere verstehen und ihnen helfen zu können.


Die Mutter 

 


Edelmut und Großzügigkeit sind das ätherische Firmament der Seele; ohne sie erblickt man ein Insekt in einem Kerker.

 

Sri Aurobindo

 


Natürlich ist es nicht unsere Aufgabe, das Ego der Menschen zu bedienen, die diese Tugend nicht besitzen und dazu tendieren, uns auszunützen, denn "Die Seele gehört dem Göttlichen und schuldet einzig Ihm Gehorsam und Dienst." (Sri Aurobindo)

Es ist eine innere Haltung, die anerkennt, dass die ganze Bandbreite an Emotionen und Gefühlen in jedem von uns steckt, auch, wenn man meint, sie in sich selbst überwunden zu haben. Irgendwann wird die unselige Schmach nämlich in unserem Fleischkleid aufgebrochen und das Licht des Göttlichen darauf gerichtet, selbst bei dem vermeintlich heiligsten Prediger. Ein Ansporn, immer und überall nach der eigenen Vervollkommnung zu streben: Im Alltag und in der Interaktion mit unseren Mitmenschen, denn `Alles Leben ist Yoga´.
Allumfassende Hingabe unseres Seins an das göttliche Bewusstsein ist auch eine Form der Großzügigkeit.

 

 

 

Mut

 

Mut ist die Abwesenheit von Angst und Furcht. Er ist unverzichtbar in diesem Yoga. Er erwächst aus dem Glauben und Vertrauen in die göttliche Gnade und Führung. 

 


Wahrer Mut in seinem tiefsten Sinn besteht darin, allem, allem im Leben, von den kleinsten bis zu den größten Dingen, von den materiellen bis zu den geistigen, ohne Zittern, ohne körperliche ... ohne dass das Herz schneller zu schlagen beginnt, ohne dass die Nerven zittern oder die geringste Regung in irgendeinem Teil des Wesens auftritt, begegnen zu können. Stehe allem mit einem ständigen Bewusstsein der göttlichen Gegenwart gegenüber, mit einer totalen Selbsthingabe an das Göttliche, und das ganze Wesen ist in diesem Willen vereint; dann kann man im Leben voranschreiten, kann sich allem stellen. Ich sage, ohne ein Zittern, ohne eine Erschütterung; das ist, wie ihr wisst, das Ergebnis einer langen Anstrengung, es sei denn, man ist mit einer besonderen Gnade geboren, so geboren. Aber das ist in der Tat noch seltener der Fall.


Die Mutter

 


Mutter beschreibt hier einen besonderen Aspekt des Mutes, der ab einem bestimmten Moment der Sadhana als absolut wahr empfunden wurde. Man könnte auch sagen, es war der Moment, als nach Jahren des Strebens und vieler vermeintlicher Rückschläge und immer wieder Straucheln der Krieger in allen Schichten des Seins integral erwachte, sich in einer beeindruckenden Bewegung machtvoll aufbäumte und sein Haupt energisch und ruhig erhob: "Ich bin da." Um ohne Furcht weiterzugehen und fast schon herausfordernd all dem gegenüberzutreten, was jetzt noch kommen würde. Ein Kraftzuwachs, den man in Worten nicht erklären kann, sie sind wie immer unzureichend.

Latent schlummert dieser Krieger schon sehr lange in uns, ohne dass die meisten Menschen davon wissen. Aber es ist allein das Supramental, das ihn freilegen kann. Auch das ist absolut wahr.

 


Aber dieser Mut bedeutet, einen Geschmack für das höchste Abenteuer zu haben. Und dieser Geschmack für das höchste Abenteuer ist das Streben – ein Streben, das dich ganz und gar ergreift und dich ohne Berechnung und ohne Vorbehalt und ohne die Möglichkeit des Rückzugs in das große Abenteuer der göttlichen Entdeckung, das große Abenteuer der göttlichen Begegnung, das noch größere Abenteuer der göttlichen Verwirklichung stürzt; du stürzt dich in das Abenteuer, ohne zurückzublicken und ohne auch nur eine Minute zu fragen: "Was wird geschehen?" Denn wenn du fragst, was passieren wird, fängst du nie an, du bleibst immer auf der Stelle stehen, angewurzelt, aus Angst, etwas zu verlieren, das Gleichgewicht zu verlieren.
 
Deshalb spreche ich von Mut – aber eigentlich ist es Streben. Beides gehört zusammen. Ein echtes Streben ist etwas voller Mut.

 


Mut und Liebe sind die einzigen unverzichtbaren Tugenden; selbst wenn alle anderen verfinstert werden oder einschlafen, werden diese beiden die Seele am Leben erhalten.

Die Mutter


Wer nicht den Mut hat, sich dem Leben und seinen Schwierigkeiten geduldig und entschlossen zu stellen, wird niemals in der Lage sein, die noch größeren inneren Schwierigkeiten der Sadhana zu durchlaufen. Die allererste Lektion in diesem Yoga besteht darin, dem Leben und seinen Prüfungen mit einem ruhigen Geist, festem Mut und völligem Vertrauen auf die göttliche Shakti zu begegnen. 

 

Sri Aurobindo

 

 

 

 

Gleichmut und Gelassenheit

 

 

Ereifert sich der Baum, wenn eisiger Sturm über ihn hinwegfegt und an seinen Ästen rüttelt?

Wenn das Wild an seinen Blättern knabbert?

Hadert er mit dem Lauf der Jahreszeiten?

 

Er verankert sein Wurzelwerk tief in der Erde, während seine Äste und Zweige sich elastisch den wechselnden Bewegungen anpassen. Es braucht gewaltige Kräfte, um ihn zu entwurzeln.

 

Wir Menschen sind in gewisser Hinsicht Entwurzelte.

Dr. Peter Reiter

 

 

Ist es nicht interessant, dass das Wort "Mut" in dem Wort Gleichmut steckt?

In seinem Kapitel "Der Yoga der Selbst-Vollendung"  (in: Die Synthese des Yoga) hebt Sri Aurobindo die Notwendigkeit des Gleichmuts und der Gelassenheit besonders hervor:

 

"Erstes Erfordernis geistiger Vollkommenheit ist vollkommene Gelassenheit. Vervollkommnung, wie wir sie im Yoga verstehen, bedeutet Heranwachsen aus einer niederen, ungöttlichen in eine höhere göttliche Natur. ... Die erhabene göttliche Natur gründet sich auf Gleichmut. Ob wir dabei das erhabene Sein als reines schweigendes Selbst und Geist im Auge haben oder an den Göttlichen Meister der kosmischen Existenz denken.  Das reine Selbst ist in sich ausgeglichen, ohne Bewegung, Zeuge, der in unparteiischem Frieden allen Ereignissen in der kosmischen Existenz und all ihren Bezügen gegenübersteht." 

 

Geht es um die Vervollkommnung des Körpers in der Sadhana, bedeutet Gleichmut, sich nicht vom Einwirken der supramentalen Kraft und ihren Erscheinungsformen beunruhigen zu lassen und sich immer wieder vertrauensvoll dafür zu öffnen. Schmerzhafte oder leidvolle Zustände müssen vorübergehend hingenommen werden, es gibt keinen anderen Weg. Man betrachtet sie als nicht zu sich zugehörig, spricht dem Körper liebevoll zu, sich zu beruhigen und mit seinem Theater aufzuhören, arbeitet mit Mutters Mantra und gönnt ihm die nötige Ruhe der Anpassung. Hingabe an die göttliche Führung ist Grundvoraussetzung, aber alles Leid kann uns leider nicht abgenommen werden, da wir zu viele Widerstände in unserem Mental, Vital und Körper tragen, die erst abgearbeitet werden müssen.

Hat man irgendwann den bedingungsglosen Glauben, dass das alles tatsächlich mit einem geschieht und wohin es führt, wird der Weg interessant und eine gewisse Neugier löst die bisherige Gegenwehr ab, was denn wohl als Nächstes passieren wird. Der Krieger ist erwacht und stellt sich.  

 

 

Was ist der Unterschied zwischen äußerem Gleichmut und dem Gleichmut der Seele?


Der Gleichmut der Seele ist eine psychologische Sache. Sie ist die Kraft, alle Ereignisse, ob gut oder schlecht, zu ertragen, ohne traurig, entmutigt, verzweifelt oder aufgebracht zu sein. Was auch immer geschieht, du bleibst gelassen und friedlich.
Das andere ist der Gleichmut im Körper. Er ist nicht psychologisch, sondern etwas Materielles: eine körperliche Ausgeglichenheit zu haben, Kräfte zu empfangen, ohne beunruhigt zu sein.
Beides ist gleichermaßen notwendig, wenn man auf dem Weg vorankommen will. Und noch andere Dinge. Zum Beispiel eine geistige Ausgeglichenheit, sodass alle möglichen Ideen, selbst die widersprüchlichsten, von allen Seiten kommen können, ohne dass man beunruhigt ist. Man kann sie sehen und jede an ihren Platz stellen. Das ist geistige Ausgeglichenheit.

 

*
 

Physische Schwierigkeiten sind immer Lektionen, die uns Gleichmut lehren und offenbaren, was in uns rein und leuchtend genug ist, um davon unberührt zu bleiben. In der Gelassenheit findet man das Heilmittel.
Ein wichtiger Punkt: Gleichmut bedeutet nicht Gleichgültigkeit.

 

Die Mutter

 

 

Gleichmut zu bewahren heißt nicht, in jedem Fall `die andere Wange hinzuhalten´. Weder, wenn es um uns selbst geht, noch, was die größeren Ereignisse im Außen betrifft. Wie man diesen mit Gleichmut entgegentritt im Dienst der höheren Wahrheit, beschreibt Sri Aurobindo hier:

 

Zweifellos sind Hass und Fluchen nicht die richtige Einstellung. Es ist auch wahr, dass es eine angemessene yogische Haltung ist, alle Dinge und Menschen mit einer ruhigen und klaren Vision zu betrachten, unbeteiligt und unparteiisch in seinen Urteilen zu sein. Es kann ein Zustand von vollkommenem Samata erreicht werden, in dem man alle als gleichwertig ansieht, Freunde und Feinde eingeschlossen, und sich nicht daran stört, was Menschen tun oder was geschieht. Die Frage ist, ob dies alles ist, was von uns verlangt wird. Wenn ja, dann wird die allgemeine Haltung ein neutraler Gleichmut gegenüber allem sein.

 

Aber die Gita, die mit Nachdruck auf einem perfekten und absoluten samata besteht, sagt weiter: "Kämpfe, zerstöre den Gegner, erobere." Wenn keine allgemeine Aktion erwünscht ist, keine Loyalität zur Wahrheit gegenüber der Falschheit, außer für die persönliche Sadhana, kein Wille zur Eroberung durch die Wahrheit, dann wird das Samata des Gleichmuts genügen. Aber hier gibt es eine Arbeit zu tun, eine Wahrheit zu etablieren, gegen die immense Kräfte aufgestellt sind, unsichtbare Kräfte, die sichtbare Dinge und Personen und Handlungen zu ihren Instrumenten machen können. Wenn man zu den Jüngern, den Suchern dieser Wahrheit gehört, muss man für die Wahrheit Partei ergreifen, sich gegen die Kräfte stellen, die sie angreifen und zu unterdrücken suchen.

Arjuna wollte sich auf keine Seite stellen, keine feindseligen Handlungen unternehmen, auch nicht gegen die Angreifer; Sri Krishna, der so sehr auf samata bestand, tadelte seine Haltung scharf und bestand ebenso darauf, dass er den Gegner bekämpfte. "Habt samata", sagte er, "und wenn ihr die Wahrheit klar seht, kämpft."

Sich auf die Seite der Wahrheit zu stellen und sich zu weigern, der angreifenden Unwahrheit irgendetwas zuzugestehen, unbeirrbar loyal und gegen die Feinde und Angreifer zu sein, ist also nicht unvereinbar mit Gleichmut.

 

 

Man braucht nicht getrieben zu sein von niederen Emotionen wie Schmerz, Verzweiflung, Rachsucht  und Wut, um für die Wahrheit zu kämpfen. Im Gegenteil, diese niederen Regungen (Teil 1-3) gilt es, zu bemeistern, was wiederum rein mental schwer ist, wenn die darunterliegenden unbewussten Glaubensmuster stärker sind. Es bedarf der höheren Kraft der Supramentalen Umwandlung, um alle Schichten unseres Seins zu läutern.

Gleichmut und Gelassenheit lassen uns die Realität und was zu tun ist, unverfälscht und klar erkennen. Negative Emotionen verzerren die Sicht. 

Auch ist es keineswegs mangelndes Mitgefühl, wenn man sich in einer Diskussion nicht empört ereifert oder kompromisslos auf die Seite der vermeintlich "richtigen" Partei oder Person stellt, sondern zu bedenken gibt, dass es von Vorteil sein kann, sich auch die Meinung und Argumente der Gegenseite anzuhören. 

 

"Gleichmut bedeutet etwas anderes – eine gleiche Sicht auf die Menschen, ihre Natur, ihre Handlungen und die Kräfte, die sie bewegen, zu haben; sie hilft einem, die Wahrheit über sie zu sehen, indem sie alle persönlichen Gefühle beim Sehen und Urteilen und sogar alle geistigen Vorurteile aus dem Verstand verdrängt.

Persönliche Gefühle verzerren immer und führen dazu, dass man in den Handlungen der Menschen nicht nur die Handlungen selbst, sondern auch Dinge dahinter sieht, die meist gar nicht vorhanden sind. Missverständnisse, Fehleinschätzungen, die hätten vermieden werden können, sind die Folge; Dinge von geringer Bedeutung nehmen größere Ausmaße an. Ich habe gesehen, dass mehr als die Hälfte der unvorhergesehenen Ereignisse dieser Art im Leben auf diese Ursache zurückzuführen sind.

Aber im gewöhnlichen Leben sind persönliche Gefühle und Empfindsamkeit ein ständiger Teil der menschlichen Natur und können dort zur Selbstverteidigung gebraucht werden, obwohl ich denke, dass selbst dort eine starke, große und gleichmütige Haltung gegenüber Menschen und Dingen eine viel bessere Verteidigungslinie wäre. Aber für einen Sadhak ist es ein wesentlicher Teil seines Fortschritts, sie zu überwinden und eher in der ruhigen Kraft des Geistes zu leben."
 
                               Sri Aurobindo

 

 

Gibt es Anzeichen, die darauf hinweisen, dass man für den Weg bereit ist, besonders wenn man keinen spirituellen Lehrer hat?
 
Ja, das wichtigste Anzeichen ist ein vollkommener Gleichmut der Seele in allen Umständen. Das ist eine absolut unabdingbare Grundlage; etwas sehr Ruhiges, Stilles, Friedliches, das Gefühl einer großen Kraft. Nicht die Ruhe, die von Trägheit herrührt, sondern das Gefühl einer konzentrierten Kraft, die dich immer festhält, was auch immer geschieht, selbst unter Umständen, die dir als die schrecklichsten in deinem Leben erscheinen mögen. Das ist das erste Zeichen.

 

Die Mutter

 

 

Diese Kraft besteht neben unserer `gewöhnlichen´Verfassung, gleichzeitig. Während unser gewohntes Ich rebelliert und lange zweifelt, gibt es gleichzeitig `etwas´ in uns, das genau weiß, dass dieser angespannte Zustand nicht von Dauer sein wird und wo der Weg langgeht. Ist man berufen, folgt man dieser Spur, bis der Pfad zur Gewissheit wird. Deshalb braucht es die Geduld als weitere Tugend.

Wie lange es dauert, bis sich diese Gewissheit und Festigkeit im Vertrauen, einer weiteren Tugend, einstellt, hängt ab von den zu bearbeitenden Themen und wieviel Mut wir aufbringen, sie dem Göttlichen darzubieten. Denn logischerweise sind es genau die, denen wir uns am liebsten nie stellen würden und die wir bisher gut und gern im Unterbewussten vergraben haben. Während die feindlichen Mächte den Finger immer wieder in diese Wunde legen.

Und das nur, weil wir nichts von unserem inneren Krieger wissen, der nur seiner Stunde harrt: um all das endlich zu entwurzeln, von sich zu werfen, zu transformieren, um wahrlich frei zu sein. Er wird sich zu seiner vollen göttlichen Größe erheben, wie es seit Anbeginn der Zeit angestrebt und im unendlichen Feld der göttlichen Möglichkeiten vorgesehen war.

 

 

 

 

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