Die Aufdeckung weitreichender Pädophilenringe dringt immer stärker in die Medien vor. Wie kann Gott es nur zulassen, dass Kinder in diesem globalen Ausmaß missbraucht werden? Der Ruf nach Gerechtigkeit wird lauter und es erheben sich Fragen, wie man damit umgehen soll:
Haben Triebtäter die Todesstrafe verdient?
Kann man ihnen Mitgefühl entgegenbringen?
Warum werden (v.a.) Kinder und Frauen Opfer von Missbrauch?
Tragen sie vielleicht eine karmische Mitschuld?
Ist Wiedergutmachung überhaupt möglich?
Für mich zeugt es von zunehmender Bewusstwerdung, sich all diesen Fragen ehrlich zu stellen. Denn die zurückliegenden, langjährigen Ereignisse werden aufgearbeitet werden müssen. Nicht zuletzt,
damit sie sich in diesem Ausmaß nie wieder organisieren und wiederholen können.
Ein komplexes Thema, das mehrere Blogeinträge verdient. Ich werde versuchen, gerade im Zusammenhang mit dem Thema `Mitgefühl´ Antworten darauf zu geben, so gut ich es vermag. Denn ohne Mitgefühl
und dem Wissen, welche evolutionäre Stufe auf uns zukommt, laufen wir Gefahr, immer wieder in dieselben Verhaltensmuster zu verfallen.
Welchen Einfluss hat Sexualität auf Kinder?
Wer mit Missbrauchskindern zu tun hatte oder selbst Opfer kindlichen Missbrauchs geworden ist, stellt sich diese Frage nicht. Die Psyche ist auf viele Jahre korrumpiert und beschädigt und die
Gefahr groß, dass die erfahrene Ohnmacht sich auf alle Bereiche des zukünftigen Lebens auswirkt und wiederholt. Während die einen in Revolte verfallen, ziehen sich andere vollkommen vom sozialen
Leben zurück. Viele sind ihr Leben lang bindungsunfähig und leben lieber allein. Andere sind übersexualisiert und suchen diesen Reiz immer wieder zu befriedigen durch abnormes
Beziehungsverhalten. Berichte darüber finden sich zuhauf.
Zuweilen hört man von Menschen, die ihre Wunden mithilfe ihres tiefen Glaubens überwinden und heilen konnten und heute ein normales Leben führen.
Sexualität und Spiritualität
Es gibt spirituelle Strömungen, die versuchen, sexuelle Energie in spirituelle umzuwandeln, um so die höchste Vereinigung und Verwirklichung zu erreichen. Eine davon ist der sogenannte "Tantrismus der linken Hand", "Vama Marga“. Der Geschlechtsakt wird damit als unverzichtbar gerechtfertigt.
Mögen es jene versuchen, die darauf bestehen. Doch wie oft ist das nur vorgeschoben, bewusst oder unbewusst, um von den eingefleischten Begierden nicht Abschied nehmen zu müssen? Und wie oft schon entpuppten sich angeblich spirituelle Sekten als wahre Brutstätten des Missbrauchs und der "spirituellen Zuhälterei"?
Im Sri Aurobindo Ashram hatte sich in den sechziger Jahren eine kleine Gruppe herausgebildet, die hinter dem Rücken der Mutter versuchte (angeblich mit ihrem
Einverständnis, was ich für eine zweckdienliche Lüge halte), aus einem kleinen Jungen ein supramentales Wesen heranzubilden. Sie ließen dazu Musik laufen und streichelten den Buben am
ganzen Körper, auch das Geschlecht.
Ein Neuankömmling fühlte sich davon abgestoßen und wandte sich in dieser Sache an die Mutter, wodurch das ganze wohl aufflog. Die Eltern brachten das Kind irgendwann zu ihr und baten um Hilfe und Rat, da der Junge immer kränklicher wurde und sie sich sorgten. Hier beschreibt Mutter seinen Zustand:
„Ich glaube, es steht nicht gut um ihn. Jedenfalls ähnelt seine Erscheinung denen, die in einer perversen Vorstellungswelt leben. Eben einer Vorstellungswelt
vitaler Sexualität. Er ist bläßlich, macht einen kraftlosen Eindruck, mit Augen, die keinerlei Reaktion zeigen. Und dieser arme Kerl ... , weißt du, als ich ihn das erste Mal in die Arme nahm,
wollte ich die Auswirkung sehen, die das Schweigen auf ihn hat: er fing an zu schreien.
Für diesmal hatte ich beschlossen, von Anfang an auf ihn einzureden, also redete und redete ich ... , er war wie benommen; als ich ihn in meine Arme nahm,
schmiegte er sich an mich und wollte sich nicht mehr regen. Sie sind auf dem besten Weg ... , ich weiß nicht, ob sie ihn umbringen werden, aber auf jeden Fall …
Es wird etwas in seiner vitalen Verfassung verfälschen, das ist sicher.“
Das Kind starb vier Monate später durch einen „Unfall“. Ich denke, mehr muss man dazu nicht sagen.
Es gibt inzwischen genug Reportagen mit Interviews ehemals missbrauchter Menschen, die das Leid klar zum Ausdruck bringen, das sich durch den sexuellen Missbrauch als Kind tief in ihr Sein
eingegraben hat. Unsere Körperzellen haben ein Bewusstsein und tragen die Erinnerung an die körperlichen Empfindungen und den daraus resultierenden Schmerz weiter in sich. Er kann durch
vielfältige Reize getriggert werden.
Hin und wieder wird den Betroffenen vorgeworfen, sie würden ihre Geschichte derart emotionslos erzählen, dass man nicht wisse, ob man ihnen überhaupt Glauben schenken könne. Ich halte das für
einen Selbstschutzmechanismus, die dabei aufsteigenden Erinnerungen zu unterdrücken, um überhaupt erst in der Lage zu sein, darüber zu sprechen.
Wer sich mit dem MK-Ultra-Programm der CIA aus den 50er- bis 70er-Jahren befasst hat, weiß, dass es möglich ist, mehrere unterschiedliche Persönlichkeiten in einem Menschen abzuspalten und durch diverse simple Auslöser wieder an die Oberfläche zu bringen. Dasselbe ereignet sich häufig, wenn ein Mensch ein schweres traumatisches Erlebnis durchleidet, das er nicht anders bewältigen kann als dadurch, den Teil der Persönlichkeit abzuspalten und zu unterdrücken, in dem die Erinnerung verborgen liegt.
Es ist übrigens interessant, welche Bilder man angezeigt bekommt, wenn man "vama marga" in die Googlesuche eingibt:
Integraler Yoga und Sexualität
Eine unmissverständliche Aussage zum Thema Sexualität von Sri Aurobindo:
"... Es gibt keinen gefährlicheren Irrtum, als die Einmischung sexueller Begierden und ihrer subtilen Befriedigung unter gleich welcher Form zu akzeptieren und
vorzugeben, dies sei ein Teil der Sadhana. Dies wäre das sicherste Mittel, direkt auf einen spirituellen Fall zuzugehen und Kräfte in die Atmosphäre herabzuziehen, welche die supramentale
Herabkunft blockieren würden, indem sie stattdessen gegnerische vitale Kräfte herabkommen lassen, die Zwietracht und schlimmstes Unheil säen. Es gilt, diese Abweichung absolut zurückzuweisen,
sobald sie aufzutauchen beginnt, und sie aus dem Bewusstsein auszumerzen, damit die Wahrheit sich manifestieren und das Werk sich vollenden kann.
Ebenso ist es ein Irrtum, anzunehmen, es genüge, den sexuellen Akt physisch zu unterbinden und zu glauben, eine innere Nachahmung sei Bestandteil der
Transformation des sexuellen Zentrums. Das Wirken der animalischen sexuellen Energie in der Natur ist ein Mechanismus mit bestimmten Zwecken innerhalb des Haushalts der unwissenden materiellen
Schöpfung. Die damit einhergehende vitale Erregung erzeugt jedoch eine Schwingung in der Atmosphäre, welche den vitalen Kräften und Wesen eine sehr günstige Gelegenheit zum Eindringen bietet, und
diese Vitalwesen haben als einzigen Daseinsgrund eben die Aufgabe, die Herabkunft des supramentalen Lichtes zu verhindern. Die damit verbundene Sinnenfreude ist eine Verzerrung des göttlichen
Anandas, nicht seine wahre Form.
Das wahre göttliche Ananda im Physischen hat eine ganz andere Qualität, Substanz und Bewegung. Indem es wesentlich in sich selbst besteht, hängt seine
Manifestation von nichts anderem ab, als einer inneren Vereinigung mit dem Göttlichen. Du sprichst von der Göttlichen Liebe; die Göttliche Liebe aber erweckt keine groben Tendenzen des niederen
Vitals, wenn es mit dem Physischen in Berührung kommt. Dem zuwiderzuhandeln bewirkt allein, es zurückzustoßen und es erneut in die Höhen flüchten zu lassen, von denen es bereits so schwierig in
das Dickicht der materiellen Schöpfung herabzuziehen ist, das allein aber es zu transformieren in der Lage ist.
Suche die Göttliche Liebe durch die einzige Pforte, die sie zu übertreten bereit ist: die Pforte des psychischen Wesens, und weise den Irrtum des niederen
Vitals zurück!"
(Siehe auch `Sexualität und vitaler Austausch´ und `Identität und (Selbst)Steuerung´)
Abschließend ein Ausschnitt aus einem Brief von Satprem an einen Freund über den "Yoga der Sexualität“, vom 28. Januar 1967 :
Welchen Platz hat dann die sexuelle Funktion in dieser Evolution?
Bis jetzt hat sich der Fortschritt des Bewusstseins des Fortschritts der Arten bedient, d.h. die sexuelle Fortpflanzung stellte den Schlüssel zur Verbreitung der Arten dar, um die der Manifestation des Bewusstseins angemessenste Form zu finden.
Seit dem Auftreten des Menschen vor zwei oder drei Millionen Jahren hat die Natur keine neuen Arten hervorgebracht, als ob sie im Menschen die angemessenste Ausdrucksform gefunden hätte. Nun kann die Evolution aber nicht zum Stillstand kommen, sonst wäre es keine Evolution mehr. Somit liegt der Schlüssel zur Evolution jetzt nicht mehr in der Vervielfältigung der Arten mittels sexueller Fortpflanzung, sondern unmittelbar in der Macht des Bewusstseins selbst.
Bis zum Auftreten des Menschen war das Bewusstsein noch zu sehr in seiner materiellen Stütze verhaftet; mit dem Menschen hat es sich hinlänglich befreit, um seine wahre Meisterschaft über die materielle Natur anzutreten und seine eigenen Mutationen selbst zu bewerkstelligen. Vom Standpunkt der Evolutionsbiologie aus betrachtet, bedeutet dies das Ende der Sexualität. Wir stehen an einem Wendepunkt, wo es gilt, von der natürlichen Evolution durch den Sexualtrieb überzugehen zur spirituellen Evolution durch die Kraft des Bewusstseins.
Die Natur zögert im allgemeinen nicht, Funktionen und Organe, die ihre evolutionäre Aufgabe erfüllt haben, zurückzubilden, und es lässt sich somit voraussehen, dass die Funktion der Sexualität sich in denjenigen Wesen zurückentwickeln wird, denen es gelingt, ihre Energie nicht mehr auf die Fortpflanzung auszurichten, sondern auf die Entwicklung ihres Bewusstseins. Es ist offensichtlich, dass wir uns noch nicht alle an diesem Punkt befinden und dass die Natur den Geschlechtstrieb noch lange brauchen wird, um ihre Evolution innerhalb der menschlichen Spezies weiterzuverfolgen, das heißt, um den recht rohen Menschen, der wir noch sind, zu einem bewussteren Typus Mensch hinzuführen, der eher fähig sein wird, die Bedeutung seiner Evolution zu begreifen, um schließlich imstande zu sein, von der natürlichen Evolution zur spirituellen Evolution überzugehen.
Die ungleiche Entwicklung der einzelnen Individuen ist der offensichtliche Grund, warum man keine allgemeinen Regeln aufstellen oder unfehlbare Rezepte abgeben kann. Jedes Stadium trägt sein eigenes Gesetz in sich. Wie lange auch immer die Zwischenphasen dauern mögen, vom Standpunkt der Evolutionsbiologie ist es offensichtlich, dass sich die Funktion der Sexualität dann erschöpft hat, wenn es ihr gelungen ist, einen hinlänglich bewussten Menschen in die Welt zu setzen. Es ist also logischerweise nicht möglich, eine spirituelle Disziplin zur Beschleunigung der Evolution auf ein Prinzip zu gründen, das der Evolution zuwiderläuft. Es genügt, den schwierigen Grenzpunkt X im Übergang von der natürlichen zur spirituellen Evolution auch nur ein wenig überschritten zu haben, um sich klarzumachen, dass alle pseudo-mystischen Versuche, die sexuellen Beziehungen zwischen Mann und Frau zu verschönern, eine Täuschung sind. Ich habe weiß Gott nichts gegen sexuelle Beziehungen einzuwenden, aber diese mit einer yogischen oder mystischen Phraseologie zu überdecken, ist eine lügenhafte Illusion, ein schlichter Selbstbetrug. Es gibt in dieser Richtung also keinen "Schlüssel wiederzuentdecken", denn es existiert keiner.
Es gibt einen Schlüssel in der Beziehung zwischen Mann und Frau, er liegt jedoch nicht auf sexuellem Gebiet. Die sogenannten "Tantriker der linken Hand" (Vama Marga) sind im Vergleich zum wahren Tantrismus das, was die Erzählungen Boccaccios im Vergleich zum Christentum oder der weinselige römische Bacchus im Vergleich zum Dionysos der griechischen Mysterien sind. Ich kenne den Tantrismus, das ist das geringste, was ich sagen kann. Für die Katharer hege ich die größte Hochachtung, und es wäre ehrenrührig, ihnen zu unterstellen, dass sie einen "Yoga der Sexualität" betrieben hätten. Vom Hintergrund meiner eigenen Erfahrung aus gesehen, erschien mir die Erfahrung der Katharer immer glaubwürdig, und selbst, wenn einige unter ihnen versucht waren, die sexuelle Beziehung mit der wahren Beziehung zwischen Mann und Frau zu vermengen, so haben sie diesen Fehler bald eingesehen. Es ist eine Sackgasse, und der einzige Weg dort heraus ist der, einzusehen, dass sie einen nicht weiterbringt. Die Katharer waren zu aufrichtig und zu bewusst, um auf einer sie belastenden Erfahrung zu bestehen. Denn genau das ist der springende Punkt: die sexuelle Erfahrung (egal ob mit oder ohne Erguss, oder was auch immer der Modus) ist aufgrund ihrer Natur ein automatischer Rückfall in die alten animalischen Schwingungen – daran lässt sich nichts ändern. Du magst all deine Liebe hineingeben, die Funktionsweise selbst jedoch bleibt verbunden mit Jahrtausenden von Animalität – so, als wolltest Du in einen Sumpf springen, ohne dabei den Schlamm aufzurühren. Das ist nicht möglich, das "Milieu" ist einfach so beschaffen. Und wenn man weiß, wieviel Transparenz, Klärung und innere Reglosigkeit notwendig sind, um langsam in ein höheres Bewusstsein vorzudringen oder um einem höheren Licht zu gestatten, in unsere Gewässer einzutreten, ohne sofort getrübt zu werden, dann wird klar, dass die sexuelle Tätigkeit einem in keiner Weise helfen kann, in jene leuchtend-reglose Klarheit einzutreten, in der die Dinge möglich zu werden beginnen.
Die Einheit, die Verschmelzung zweier Wesen, die wahre und totale Begegnung zweier Wesen geschieht nicht auf dieser Ebene und mit diesen Mitteln. Das ist alles, was ich dazu sagen kann. Ich habe jedoch gesehen, dass sich in der schweigenden Ruhe zweier Wesen von gleicher Bestrebung, die den schwierigen Übergang bewältigt haben, nach und nach etwas völlig Einzigartiges entwickelt, von dem man auch nicht die leiseste Ahnung haben kann, solange man noch im "Zwist des Fleisches" befangen ist, um es frömmlerisch auszudrücken. Ich glaube, die Erfahrung der Katharer beginnt erst nach diesem Übergang. Erst danach erhält das Paar Mann-Frau seine wahre Bedeutung, seine "Wirksamkeit", wenn ich so sagen darf. Sex ist bloß eine erste Form der Begegnung, das erste Mittel der Natur, um die Schale des individuellen Egos zu durchbrechen – danach wächst man und entdeckt etwas anderes, nicht durch Hemmung oder Unterdrückung, sondern weil es etwas anderes, unendlich Reicheres gibt, das dessen Platz einnimmt.
Jene, die so erpicht darauf sind, den Sex zu erhalten und ihn zu mystifizieren, um in ein zweites Stadium der Evolution vorzustoßen, erinnern einen an Kinder, die sich weiter an ihren Kinderwagen klammern, obwohl sie ihm entwachsen sind, es ist wirklich nichts anderes als das. Es läßt sich kein Yoga damit machen, aber es geht auch nicht an, sich darüber zu entrüsten. Ich habe also nichts zu kritisieren, ich sehe die Dinge nur so, wie sie sind, und stelle sie an ihren Platz. Alles hängt vom Stadium ab, in dem man sich befindet. Und für jene, die sich aus diesem oder jenem mehr oder weniger sublimen Grund der Sexualität bedienen wollen, mein Gott, mögen sie ihre Erfahrung machen. Wie mir Mutter erst gestern im gleichen Zusammenhang sagte: "Um der Wahrheit die Ehre zu geben, der Herr bedient sich aller Mittel. Man ist immer auf dem Weg zu etwas hin." Man ist immer auf dem Weg, egal durch welches Mittel, aber man muss einen klaren Geist bewahren und darf sich nicht selbst belügen.
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